Das Weiße Haus – ein lebendiges Museum der Amerikanischen Geschichte

Das Weiße Haus ist seit jeher ein Symbol für die Werte einer freien demokratischen Gesellschaft, ein Ort für amerikanische Geschichte, Kultur und Errungenschaften, die sich auch in der Einrichtung widerspiegeln – sei es durch historische Gegenstände, Kunstwerke einheimischer Künstler oder die Bewohner. Die Zugänglichkeit des Hauses als Museum und die dadurch demonstrierte »Volksnähe« des Präsidenten, ist für die amerikanischen Bürger von großer Bedeutung. So war die Amtszeit John F. Kennedys für das Weiße Haus mit seiner bewegten Geschichte ein glücklicher Umstand, um zu einem lebendigen Museum der Amerikanischen Geschichte zu werden.

Ein kurzer Einblick in die ereignisreiche Geschichte des Monuments: Der Standort des Weißen Hauses, eines der wohl berühmtesten Bauwerke der Welt, wurde gemeinsam von George Washington und dem Stadtplaner Pierre L’Enfant ausgesucht. Die Grundsteinlegung fand am 13. Oktober 1872 statt. Das Datum gilt auch als Gründungstag der neuen Hauptstadt Washington D.C. Gewinner des Architektenwettbewerbs für den neuen Regierungssitz war der damals erst 30-jährige Ire James Hoban. Dessen Entwurf stellt eine Symbiose aus Palladianismus und Neoklassizismus dar und orientiert sich am Leinster House, dem Parlamentssitz der irischen Republik in Dublin. Im Jahre 1800 wurde der Bau vollendet. Noch im selben Jahr bezog Präsident John Adams mit seiner Frau Abigail als erstes Staatsoberhaupt das Weiße Haus. Somit wohnten, bis auf George Washington, fortan alle Präsidenten der Vereinigten Staaten während ihrer Amtszeit im Weißen Haus.

Den Namen »Weißes Haus« trug das Gebäude inoffiziell wahrscheinlich schon lange, offiziell jedoch erst seit 1901, durch die Nennung in einem Brief des Präsidenten Theodore Roosevelt, Jr. Schon kurz nach der Fertigstellung des Baus nahm die Geschichte des Hauses einen turbulenten Verlauf: Im Britisch-Amerikanischen Krieg wurde der Bau 1814 von britischen Truppen niedergebrannt und bis 1818 unter der Leitung von James Hoban wieder aufgebaut. Vier Brände und zwei ausführliche Renovierungsmaßnahmen, Anbauten und Erweiterungen – wie etwa Solarzellen, die Barack Obama 2003 auf dem Dach installieren ließ –  hat das Haus bis heute überstanden. Die erste große Sanierung erfolgte 1902 unter Theodore Roosevelt, Jr. Von 1949 bis 1952 wurde unter Präsident Harry S. Truman die zweite sogenannte »Truman Reconstruction« durchgeführt. Doch nicht nur die marode Architektur oder Bausubstanz waren Gründe für die Erneuerung des Gebäudes, auch die Innenarchitektur und das Dekor bedurften einer Überarbeitung.

In der Amtszeit John F. Kennedys beschäftigte sich vor allem Jacqueline Kennedy mit der Geschichte des Gebäudes sowie der Erneuerung und Bewahrung der Innenarchitektur. Enttäuscht, wenige historische Artefakte im Weißen Haus vorzufinden, machte sie es sich zur Aufgabe, den historischen Charakter des Gebäudes wieder zu beleben und so weit wie möglich den historischen Zustand wiederherzustellen. Ein Spendenaufruf zu ebendiesem Zweck förderte neben finanziellen Mitteln auch einige der originalen Einrichtungsgegenstände und Möbel zutage.

1961 wurde auf Anraten der amerikanischen Bundesbehörde »National Park Service«, die bis heute für die Erhaltung und Verwaltung von Nationalparks und Kulturdenkmälern zuständig ist, die »White House Historical Association« gegründet – eine gemeinnützige Gesellschaft mit Bildungsauftrag. Alle Erlöse aus dem Verkauf von Büchern oder anderen Produkten der Gesellschaft werden für den Erwerb von historischen Möbeln und Einrichtungsgegenständen sowie Kunstwerken für die ständige Sammlung des Weißen Hauses genutzt. Auch die Erhaltung, vor allem der öffentlichen Räumlichkeiten, wird dadurch finanziert.

Ebenfalls im Jahre 1961 ernannte die First Lady Lorraine Waxman Pierce zur ersten Kuratorin des Weißen Hauses. Die Kuratoren des Weißen Hauses sind für die Bewahrung und Instandhaltung der ständigen Sammlung zuständig. Zur Sammlung zählen neben Kunstwerken mit historischem Bezug auch Möbel und Einrichtungsgegenstände, die aus dem Besitz oder der Zeit früherer Präsidenten stammen. So beispielsweise der berühmte Steinway-Flügel mit amerikanischen Adlern als Füßen, entworfen von Eric Gugler und Franklin D. Roosevelt. Das heute wichtigen Gästen vorbehaltene »Lincoln-Bedroom« oder der Schreibtisch aus dem Oval Office, der »Resolute Desk« – ein Geschenk der britischen Königin Victoria, gebaut aus den Überresten des britischen Polarschiffes HMS Resolute. Er wurde am 23. November1880 an Präsident Rutherford B. Hayes übergeben.
 
Für die Pflege und Reparatur diverser Kunstobjekte sowie Möbel entstand während der Amtszeit John F. Kennedys ein weiteres Komitee: das »White House Furnishings Committee«. Auf Anordnung von Präsident Lyndon B. Johnson wurde es 1964 durch das »Committee for the Preservation of the White House« ersetzt. Dank beider Komitees unterliegen die Räumlichkeiten strikten Regeln, die Veränderungen und Umbauten betreffen. Seit 1961 hat das Weiße Haus per Gesetz zudem den Status eines Museums: die Kunstgegenstände, Möbel und Einrichtungen sind geschützt und unverkäuflich.

Nicola Linnemann