Kennedy for President: Der Wahlkampf 1960

Nachdem Joseph P. Kennedy, Jr. 1944 im Krieg gefallen war, war nun sein jüngerer Bruder John an der Reihe, die politischen Ambitionen des Vaters fortzuführen und den Namen Kennedy in das Weiße Haus zu tragen. Der Weg dorthin war jedoch von vornherein steinig; sein Image als begehrter Junggeselle, seine Religionszugehörigkeit und sein junges Alter waren Faktoren, die bei vielen Amerikanern Zweifel an seiner Tauglichkeit für das Amt auslösten. Durch eine geschickte Wahlkampfführung gelang es jedoch, diese Kritikpunkte zu entkräften und John F. Kennedys Stärken in den Vordergrund zu stellen.


John F. Kennedy hatte seinen Blick von Anfang an auf das höchste aller politischen Ämter gerichtet und verkündete im Januar 1960 seine Kandidatur. Wahlkampf Kampagnen waren bei den Kennedys Familiensache und wie bereits in den vorangegangen Kongress- und Senatswahlen waren alle Mitglieder des Kennedy-Clans eingebunden. Vater Joseph stellte neben einem großzügigen Budget auch sein umfangreiches Netzwerk politischer und wirtschaftlicher Kontakte zur Verfügung. Durch seine sympathische und kompetente Ausstrahlung scharte John zudem eine Vielzahl enthusiastischer, junger Freiwilliger um sich. Unter Bruder Roberts Leitung bereiste Kennedy im Frühjahr mit Frau und Geschwistern das Land und schaffte es schließlich, sich auf dem Nominierungsparteitag der Demokraten im Juli gegen den innerparteilichen Favoriten Lyndon B. Johnson durchzusetzen. Der Texaner wurde später Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten und sicherte Kennedy somit viele Stimmen im protestantischen Süden.

 

Eine Schlüsselstrategie des Wahlkampfs war es, Kennedys Charakter hervorzuheben, der die Wähler über potentielle Schwachpunkte hinwegtrösten sollte. Die Heirat mit Jacqueline Bouvier 1953 und die Geburt der gemeinsamen Tochter Caroline ließen den Senator reifer und verantwortungsvoller erscheinen und halfen ihm dabei, sein Image als neureicher Junggeselle abzulegen. Das Medieninteresse an der jungen Familie war während des Wahlkampfs enorm und die attraktiven Gesichter der Kennedys strahlten von unzähligen Titelseiten bekannter Magazine. Neben seiner Familie verhalfen auch Kennedys Pulitzer Preis (1957) und sein Auftreten als Kriegsheld schließlich zum entscheidenden Imagewandel und ließen den jungen Senator intellektuell und reif wirken.

 

Kennedys Religionsangehörigkeit sollte sich als eine der größten Herausforderungen im Wahlkampf erweisen; noch nie zuvor hatte ein Katholik das Präsidentenamt bekleidet. In den vorrangig protestantischen USA hatte man Sorge, Kennedy könnte die Interessen des Papstes über die der Nation stellen und damit deren Unabhängigkeit gefährden. Um diesen Vorurteilen entgegenzukommen, hielt er im September eine Ansprache vor einer Versammlung protestantischer Pfarrer in Houston, wo er sich klar für die Trennung von Kirche und Staat aussprach und an die Toleranz der Amerikaner – auch in Religionsfragen – als Grundstein ihrer liberalen Tugenden appellierte. Der Auftritt war ein voller Erfolg und überzeugte viele der unentschlossenen Wähler von seiner Kompetenz und Reife.

 

John F. Kennedy war außerdem einer der jüngsten Kandidaten, die sich jemals der Wahl gestellt hatten. Sein republikanischer Kontrahent Richard Nixon, der unter Eisenhower als Vizepräsident gedient hatte, versuchte aus Kennedys Alter und dessen Unerfahrenheit Kapital zu schlagen. Doch Kennedy gelang es durch sein charismatisches Auftreten, seine Jugendlichkeit in einen seiner größten Trümpfe zu verwandeln. Seine Frische und Ausstrahlung kamen ihm nicht zuletzt in den berühmten TV-Debatten mit Nixon zugute, aus denen Kennedy klar als Sieger gegen den abgespannt wirkenden Republikaner hervorging. Er wurde so zum Symbol für einen Generationswechsel und Fortschritt im Weißen Haus.

 

Kennedy verstand es außerdem, bekannte Persönlichkeiten aus dem Showbiz und der Politik für sich zu gewinnen. So schrieb Frank Sinatra beispielsweise seinen Hit »High Hopes« um und stellte ihn dem Wahlkampfteam als Titellied der Kampagne zur Verfügung. Auch die Witwe des ehemaligen Präsidenten Eleanor Roosevelt, dessen Amtsnachfolger Harry S. Truman und der Bürgerrechtler Martin Luther King, Jr. gehörten zu den prominenten Unterstützern Kennedys.

 

»Everyone is voting for Jack ‘Cause he’s got what all the rest lack«

High Hopes, Frank Sinatra

 

Durch den unermüdlichen Einsatz seiner Familie, sein charismatisches Auftreten und gekonnte mediale Inszenierungen gelang es John F. Kennedy schließlich, am 8. November 1960 die Präsidentschaftswahl mit 118.574 Stimmen Vorsprung für sich zu entscheiden und damit eines der knappsten Wahlergebnisse in der Geschichte der USA zu erzielen.

 

Kathrin Kapfinger