Schiffbruch auf der PT-109 – wie John F. Kennedy zum Kriegshelden wurde

Auf die Frage wie er zum Kriegshelden wurde, antwortete John F. Kennedy später einmal lakonisch: »It was involuntary. They sank my boat.« (»Es war unbeabsichtigt. Sie haben mein Boot versenkt.«).


Während des Präsidentschaftswahlkampfs im Jahr 1960 wurde die strategische Nutzung des Vorfalls von seinen politischen Gegnern kritisiert, jedoch trug die Heldengeschichte des jungen Senators schließlich erfolgreich zum Sieg und Sympathieerwerb bei der amerikanischen Bevölkerung bei.

 

Aber wie wurde John F. Kennedy eigentlich zum Kriegshelden und warum wurde ihm für seine Dienste sogar die »Navy and Marine Corps Medal« verliehen, die höchste militärische Auszeichnung für lebensbedrohliche, heldenhafte Handlungen im Krieg?

 

In der stockfinsteren Nacht auf den 2. August 1943, auf dem Höhepunkt des Pazifikkriegs, befanden sich der junge Kommandant Kennedy und seine Crew auf dem Schnellboot PT-109 bei den Salomonen, als aus dem Nichts plötzlich der japanische Zerstörer Amarigi auftauchte. Eigentlich hatte die 25 Meter lange PT-109 zusammen mit 14 weiteren amerikanischen Schnellbooten die Aufgabe, den sogenannten Tokio-Express, bestehend aus vier japanischen Zerstörern, aufzuhalten. Stattdessen wurde sie selbst zweigeteilt, und es kam in dieser Nacht kein einziges japanisches Kriegsboot zu Schaden.

 

Kommandant Kennedys daraus resultierende Handlungen werden bis heute unterschiedlich bewertet. Der erst 26-jährige John hatte seine Crew nicht rechtzeitig in Alarmbereitschaft bringen können, was vermutlich den Tod von zwei Besatzungsmitgliedern durch die Explosion des Schiffs mit sich brachte. Als die übrigen elf Besatzungsmitglieder neben den brennenden Wrackteilen im Wasser um ihr Leben kämpften, entschied Kennedy sich ausdrücklich dagegen, mit Leuchtraketen auf die Schiffbrüchigen aufmerksam zu machen – und das, obwohl andere PT-Boote vom Unglück mitbekommen hatten. Dies tat er jedoch bewusst, um zu vermeiden, dass seine eigenen Leute von der feindlichen japanischen Flotte entdeckt würden. Er wies die Crew daher an, mehrere Kilometer zur nächstgelegenen Insel Kasolo zu schwimmen, um von dort aus über das weitere Vorgehen zu entscheiden. Zwei Besatzungsmitglieder konnten nicht schwimmen und mussten auf einer Plane mitgezogen werden. Er selbst nahm sich dem Verwundeten Kameraden MacMahon an und zog ihn, mit dem Seil zwischen den Zähnen, vier Stunden bis zur Kasolo Insel. In den darauffolgenden Stunden und Tagen riskierte John F. Kennedy sein Leben, um das seiner Crewmitglieder zu retten. Diese unglaubliche körperliche Anstrengung wurde später als Grund der Verschlimmerung seiner bereits bestehenden gesundheitlichen Beschwerden angegeben, wegen welcher er sich im Laufe seines Lebens mehrerer Rückenoperationen unterziehen musste.

 

Eine Rettung von der Insel schien zunächst aussichtslos, da die Truppe ausschließlich von japanischen Schiffen umgeben war. Deshalb entschied sich Kennedy, nachts und nur mit einer Taschenlampe bewaffnet, ins Meer hinaus zu schwimmen und auf die Rettung durch das amerikanische Militär zu hoffen. Diese Aktion kostete ihn erneut fast sein Leben – er geriet in eine gefährliche Strömung, verlor Bewusstsein und Taschenlampe, und konnte sich erst am nächsten Tag wieder zu seinen Kameraden auf die Insel retten. Die Lage dort wurde von Stunde zu Stunde prekärer, und außer Kokosnüssen gab es für die Schiffsbrüchigen weder Essen noch Wasser. Kennedy und sein Kamerad Ross schwammen schließlich bis zur Insel Naru, wo sie neben einem japanischen Bootswrack mit einer Kiste Süßigkeiten und Getränken auch Einheimische vorfanden, welche jedoch ängstlich in einem Kanu flüchteten. Als Kennedy und Ross zur Insel Kasolo zurückkehrten, waren die Einheimischen bereits auf den Rest der Mannschaft gestoßen. Es stellte sich heraus, dass sie von den verbündeten Australiern gesandt worden waren, um nach der verlorenen Besatzung zu suchen. Nun erwiesen sich die eher unverträglichen Kokosnüsse als äußerst hilfreich – Kennedy ritzte die Botschaft »NAURO ISL COMMANDER…NATIVE KNOWS POS’IT…HE CAN PILOT…11 ALIVE NEED SMALL BOAT…KENNEDY« in eine Nuss und gab sie den Einheimischen mit auf den Weg. Am 8. August wurden die elf Schiffbrüchigen von zwei amerikanischen Torpedobooten gerettet und Kennedy als Held gefeiert.

 

Trotz der zunächst umstrittenen Handlungen John F. Kennedys wurde deutlich, dass er zu jeder Zeit nur das Wohl der Crew im Sinn gehabt hatte. Seine Kameraden verloren später nie ein schlechtes Wort über ihn, sondern sprachen stets mit großer Bewunderung und Liebe über Kennedy während dieser sieben Tage in Todesangst. Die rettende Kokosnuss stand bis zum Ende seiner Tage auf dem Schreibtisch im Oval Office des White House.

 

EJ