Königsfamilien

Die Dynastien der Kennedys, Roosevelts und Bushs 

Gern werden die Kennedys als die royale Familie der USA bezeichnet. Gero von Boehms Werk über den Clan verspricht einen Blick in das »amerikanische Königshaus« zu werfen. Oft ist von den Kennedys als einer der großen Familiendynastien neben den Bushs oder den Roosevelts die Rede. Der Dynastiebegriff ist im allgemeinen nur für Geschlechter in Staaten mit monarchischer Führung gebräuchlich. Was zeichnet diese großen amerikanischen Familienclans aus, dass die älteste Demokratie der Welt von ihnen als dynastischen Geschlechtern spricht?

 

Präsidenten aus ihrer Mitte

Was in einer Monarchie der König, ist in den Vereinigten Staaten der Präsident. Keine Familie erlangt diese besondere Form von Status ohne wenigstens einmal in das höchste Amt des Staates gewählt worden zu sein. Misst man den Erfolg der großen Familiendynastien daran, wie viele Präsidenten sie hervorgebracht haben, dann lägen die Bushs und die Roosevelts mit je zwei Präsidenten an der Spitze. Nach der Wahl von George Bush Sen. 1988 folgte ihm mit George Bush Jun. zur Jahrtausendwende auch sein Sohn ins höchste Amt des Staates. Die Präsidenten Theodore und Franklin Delano Roosevelt waren Cousins. FDR folgte Theodore (1901–1909) 1933 ins Weiße Haus und wird in Umfragen immer wieder als einer der drei größten Präsidenten der Geschichte geführt. John F. Kennedys Auftritt im Oval Office war mit seinen sprichwörtlichen »1000 Tagen« im Amt vergleichsweise kurz, machte ihn jedoch überaus populär.

 

In den Erfolg hineingeboren

An den Kennedys zeigt sich, dass das Hervorbringen eines Präsidenten zwar eine entscheidende Vorraussetzung für den Verdienst um die Nation ist, es jedoch weiterer politischer Entscheidungsträger in der Familie bedarf, um sich als »Dynastie« im historischen Gedächtnis des Landes zu verankern. Die Besonderheit der »königlichen Familie« ist ihre Präsenz über Jahrzehnte. Der Unternehmergeist von Joe, Sen. führte die Familie zu Wohlstand und gesellschaftlichem Ansehen, entscheidend für die politischen Karrieren seiner Nachkommen. John F. Kennedys Bruder Robert war Senator und Justizminister, Schwester Eunice gründete die Special Olympics, Nichte Kathleen Kennedy Townsend war Vizegouverneurin von Maryland, Bruder Ted sitzt im US-Senat. Bis zum heutigen Tage sind die Mitglieder der Kennedyfamilie in der amerikanischen Öffentlichkeit präsent.

 

Was machen die Präsidentenfamilien heute?

Um die Roosevelts ist es bedeutend ruhiger geworden. FDR junior arbeitete in der Administration John F. Kennedys als Under-Secretary of Commerce, was dem stellvertretenden Handelsminister entspricht. Den Nachkommen des einzigen Präsidenten, der drei Amtszeiten im Weißen Haus verbrachte, werden keine politischen Ambitionen nachgesagt. Anders verhält es sich bei den Bushs. Jeb Bush, Gouverneur Floridas und Bruder des scheidenden Präsidenten könnte der neue Stern am Himmel der Familiendynastie werden.

 

In Sachen Prominenz können den Kennedys jedoch weder die Bushs noch die Roosevelts das Wasser reichen. Die Bushs wollten sich trotz ihres Reichtums immer als Familie von nebenan verstanden wissen. Es mag beklemmend wirken, doch so wie seither niemand an den distinktiven Stil von Jack und Jackie im Weißen Haus anknüpfen konnte, so musste auch keine First Family eine solche Tragik erleiden. Robert von Rimscha widmet sich in seinem Buch ausführlich den Triumphen und Tragödien einer Präsidentenfamilie, deren Schicksal die Vereinigten Staaten wohl so tief bewegt hat wie keine andere.

 

Franziska Nürnberger