John F. Kennedy und Barack Obama: Befürworter der Bürgerrechte

Als John F. Kennedy 1961 das Präsidentschaftsamt antrat, war die afroamerikanische Bürgerrechtsbewegung schon in vollem Gange. Die turbulenten 1950er-Jahre waren zu Ende und damit ein Jahrzehnt der Proteste und Gewalt, das jedoch nur wenig Fortschritt mit sich gebracht hatte. Der Fall Brown vs. Board of Education im Jahr 1954, der Montgomery Bus-Boykott und die Sit-In-Bewegung hatten große Aufruhr verursacht, ohne dass eine konkrete Veränderung der systematischen Segregation erreicht werden konnte: Im gesamten Süden der USA wurde Afroamerikanern nach wie vor das Wahlrecht verweigert, der Zugang zu öffentlichen Einrichtungen blieb ihnen verwehrt und sogar auf Gleichstellung vor Gericht konnten sie sich nicht verlassen. Auch in den Nordstaaten, in denen Segregation oder »Jim Crow« nie eine Rolle gespielt hatten, wurden Afroamerikaner stetig mit Vorurteilen und Diskriminierung konfrontiert – nicht nur bei der Ausbildung und der Suche nach Arbeitsplätzen, sondern auch in unzähligen anderen Aspekten des Lebens.

Infolgedessen übernahm die Bürgerrechtsbewegung eine entscheidende Rolle bei den Präsidentschaftswahlen von 1960. Der Präsidentschaftskandidat der Demokraten, John F. Kennedy, konnte sich die Unterstützung der afroamerikanischen Wähler sichern, als er sich für die Befreiung Martin Luther Kings, Jr. einsetzte und sich damit als Befürworter der Bewegung erklärte. Kaum verwunderlich war es also, dass Kennedy bei der Wahl am 8. November 1960 70 % der afroamerikanischen Wählerstimmen in den USA für sich gewinnen konnte. Insgesamt fiel sein Wahlsieg jedoch sehr knapp aus, weshalb er während seiner Zeit im Amt wenig Konkretes für die Bürgerrechtsbewegung bewirken konnte. Dennoch war seine Administration grundlegend für die Verfassung des Bürgerrechtsgesetzes, das nach seinem Tod verabschiedet wurde.

Fast ein halbes Jahrhundert später, im Jahr 2008, wurde Barack Obama der erste afroamerikanische Präsident der USA – nach einem Wahlkampf, in dem viele Parallelen zu dem von John F. Kennedy sahen. (Mehr hierüber erfahren Sie in dem Blogeintrag Barack Obama – ein neuer Kennedy?). Wie schon bei Kennedy, war auch Obamas erste Legislaturperiode stark von seiner Haltung zur Gleichberechtigung geprägt. In erster Linie, wegen seiner besonderen Verantwortung als erster schwarzer Präsident. Aber auch aufgrund leidenschaftlicher Versprechungen an die afroamerikanische Bevölkerung während des Wahlkampfes, stand Obama unter großem Druck, Resultate zu präsentieren. In seiner Rede vom 18. März 2008, »A More Perfect Union«, hatte er sein Engagement für diesen Zweck mit: »Race is an issue that I believe this nation cannot afford to ignore.« proklamiert.
   
Obamas Legislaturperioden, insbesondere die zweite, werden in Hinblick auf Gleichberechtigung für afroamerikanische Bürger durchaus als besonders turbulente Jahre in die Geschichte eingehen. Geradezu paradox ist es nämlich, dass sich unter dem ersten schwarzen Präsidenten der Fall Trayvon Martin ereignet hat und mit der #BlackLivesMatter-Bewegung die Spannungen hinsichtlich der Rassenfrage eine neue Qualität erreicht haben.

Die Obama-Administration spielte eine ausschlaggebende Rolle bei der Einführung einer Serie von Strafjustizreformen – vor allem bei der Durchführung des »Fair Sentencing Act« von 2010, der die Ungleichheit der Strafen für den Konsum von Crack-Kokain und Kokain verringerte. Da Cracksüchtige oft aus den unteren Schichten der Gesellschaft stammen und unverhältnismäßig oft afroamerikanisch sind, traf die frühere Gesetzgebung, in der ein Mensch 100 Mal so viel Kokain wie Crack bei sich haben muss, um die gleiche Strafe zu bekommen, viele Afroamerikaner. Obamas Reform verminderte diese Disparität. Weitere Maßnahmen, wie die »My Brother’s Keeper«-Initiative, die danach strebt, die Chancen afroamerikanischer Jungendlicher zu verbessern oder der »Affordable Care Act«, sollen  soziale Gleichheit und Gerechtigkeit bewirken.

Dennoch fragen sich viele, ob Obamas Bemühungen nicht zu gering sind oder zu spät gekommen sind: Jetzt, wo das Ende seiner Zeit im Amt naht, zweifeln viele, ob Obama wirklich alles in seiner Macht stehende getan hat, um sich für die Gleichberechtigung einzusetzen. Man darf jedoch nicht außer Acht lassen, dass eine republikanische Mehrheit im Kongress radikale Gesetzesänderungen in der zweiten Legislaturperiode maßgeblich behinderte. Dennoch stellt sich die Frage, warum Obama beispielsweise den »Fair Sentencing Act« nicht auch rückwirkend anwenden ließ, um die Tausenden, die im Gefängnis unter unmenschlichen, nicht mehr geltenden Strafsätzen leiden, von ihren ungerechten Strafen zu befreien? Und hätte er sich nicht auch mehr für gezielte Maßnamen einsetzen können, um die Arbeitslosigkeit unter Afroamerikanern zu verringern?

Obwohl die Berechtigung dieser Fragen nicht zu unterschätzen ist, muss man auch unterstreichen, dass Obama für viele nach wie vor die Verkörperung einer gerechteren Gesellschaft repräsentiert. Wie Kennedy, der auch heute noch für viele Hoffnung und Fortschritt verkörpert, könnte man vermuten, dass Obama für den Neunanfang, den er verkörpert, in das kollektive Gedächtnis eingehen wird – unabhängig davon, was er geschafft hat oder nicht geschafft.

Was für Fortschritte oder Veränderungen der nächste Präsident oder wohlmöglich die Präsidentin mit sich bringen wird, bleibt auch 2016 noch eine spannende Frage.

Elizabeth Yearsley