John F. Kennedy – Der Pulitzer-Preisträger

Seit 1990 wird jährlich der » John F. Kennedy Profile in Courage Award« an Menschen vergeben, die ihr Gewissen vor ihre Karriere stellen und somit jenem Ideal entsprechen, welches in John F. Kennedys Buch »Profiles in Courage« beschrieben wird. Die Gewinner des Preises werden von einem Komitee, das aus Mitgliedern der Kennedy-Familie und weiteren Prominenten besteht, ausgewählt. Doch was bewegte den jungen, aufsteigenden Senator dazu, jenes Buch über politische Aufrichtigkeit zu schreiben, das 1957 den Pulitzer-Preis gewann? Wann begann Kennedys schriftstellerischer Werdegang, und inwiefern war jene Publikation sein Verdienst?


Kennedy war in seiner Kindheit aufgrund einer Vielzahl schwerer Krankheiten häufig ans Bett gefesselt und begann, politische und historische Bücher zu lesen. Dieses früh erwachte Interesse an Politik und Geschichte veranlasste ihn, in seiner Studienzeit in Harvard, gelegentlich Artikel für die Studentenzeitung »The Harvard Crimson« zu schreiben. Auch seine Abschlussarbeit beschäftigte sich mit Politik, in ihr verteidigte der junge John die Appeasement-Politik Chamberlains im Zweiten Weltkrieg und begründete Englands zögerliches Eintreten in den Krieg. Die Arbeit wurde für eine fristgerechte Einreichung von bezahlten Schreibkräften 1940 fertiggestellt. Sie wurde einige Monate später unter dem Titel »Why England Slept« veröffentlicht. Dass das Buch schließlich auf die Bestsellerlisten gelangte, war vor allem dem Vater, Joseph P. Kennedy, Sr., zu verdanken. Sein Freund Arthur Krock, ein »New York Times«-Journalist, half bei der Überarbeitung und der Suche nach einem Verleger, andere Journalisten verfassten wohlwollende Kommentare. Der namhafte Herausgeber des »Time«- und »Life«-Magazins, Henry R. Luce, schrieb das Vorwort.


Durch die Arbeit an »Why England Slept« wurde der junge Kennedy bekannt mit Intellektuellen, die später in seiner Administration wichtige Positionen innehaben sollten. Vierzehn Jahre nach dem Erscheinen des Buches sollte mit der Einstellung Theodore Sorensens in den Mitarbeiterstab des Senators Kennedy ein weiterer, wichtiger Schritt in seiner Karriere als Schriftsteller getan werden. Sorensen wurde einer der wichtigsten Berater sowie der Redenschreiber des Politikers. Von den vielen berühmten Zitaten John F. Kennedys stammt beispielsweise der Ausspruch »Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann, fragt, was ihr für euer Land tun könnt« von Sorensen.


Als es 1954 zu Komplikationen in Kennedys Krankheitsgeschichte kam und er für einige Monate ans Bett gefesselt war, sollte Sorensen eine entscheidende Rolle in dem zu dieser Zeit von dem kranken Senator initiierten Buch »Profiles in Courage« spielen. Kennedy fungierte in diesem 1956 erschienenen Buch eher als Redakteur denn als Autor. In »Profiles in Courage« – zu Deutsch »Zivilcourage« – werden Politiker aus der US-amerikanischen Geschichte beschrieben, die trotz Gefährdung der Karriere und gegen die dominierende Meinung für ihre Überzeugung eingestanden waren. Ihre Unabhängigkeit, sowohl von Partei als auch von Wählern, mag für Kennedy ein persönliches, jedoch unerreichtes Ziel gewesen sein. Zu dieser Zeit hatte er nämlich mit Vorwürfen zu kämpfen, er habe sich nicht ausreichend für eine Verurteilung des antikommunistischen Senators Joseph McCarthy, der ein Freund der Familie war, eingesetzt. Da »Profiles in Courage« zu einer Zeit erschien, in der das Vertrauen der Amerikaner in die Politik erschüttert war, avancierte es zum Bestseller und zog 1957 die Verleihung des Pulitzer-Preises in der Kategorie »Biografie« nach sich. Die Verleihung an den Senator geschah überraschend, da die Juroren fünf andere Biografien vor »Profiles in Courage« gewählt hatten. Auch in diesem Fall verbreiteten Kennedys Kritiker, dass die weitreichenden Kontakte von Joseph P. Kennedy, Sr. die Preisverleihung an seinen Sohn ermöglicht hätten.


Obwohl die Autorschaft John F. Kennedys bereits kurz nach Erscheinen in den Medien wiederholt infrage gestellt und ein Auftragsschreiber vermutet wurde, konnten die Vorwürfe nicht belegt werden. Er selbst machte zwar kein Geheimnis aus der Mitwirkung seines Mitarbeiters Ted Sorensen, doch bestand er auf seiner Autorschaft und drohte sogar mit Klagen. Erst 2008 bekannte sich Sorensen in seinen Memoiren zu seiner Autorschaft.

Aufgrund von »Profiles in Courage« wurde John F. Kennedy als ein erfolgreicher Autor und Intellektueller gefeiert. Seine angestiegene Popularität mag dazu beigetragen haben, dass er 1960 zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde.


T.L.