Die Auswirkungen der Schweinebucht-Niederlage

Die erste außenpolitische Maßnahme des neu gewählten amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy stärkte nicht nur die Beziehungen zwischen Kuba und der Sowjetunion, sondern hatte auch weitreichende Folgen im Hinblick auf das Gipfeltreffen in Wien mit dem sowjetischen Regierungschef Nikita Chruschtschow.


Die Invasion Kubas wurde noch während der Präsidentschaft Eisenhowers von der CIA geplant, mit dem Ziel dort eine amerikafreundliche Regierung zu installieren. Kennedy wurde über diesen Plan im Januar 1961 informiert und stimmte zu. Mit der Hoffnung auf Unterstützung durch kubanische Widerstandskämpfer vor Ort, landeten 1400 Exilkubaner am 17. April 1961 in der Schweinebucht. Innerhalb kurzer Zeit wurde der Guerillaangriff niedergeschlagen. Präsident Kennedy setzte entgegen der Erwartungen von CIA und Exilkubanern keine US-Streitkräfte zur Unterstützung ein, denn er wollte unter keinen Umständen mit der Aktion in Verbindung gebracht werden. In einem Brief an Chruschtschow vom 18. April 1961 betonte er, dass die Vereinigten Staaten keine Invasion Kubas planen. Diese Position ließ sich jedoch nicht lange halten und so übernahm Kennedy gezwungenermaßen wenige Tage später die volle Verantwortung.

 

Von den anfangs versöhnlichen Tönen zwischen Kennedy und Chruschtschow war nach dem Schweinebucht Fiasko nichts mehr zu spüren. Vor allem die versuchte Verschleierung warf ein schlechtes Bild auf den jungen Präsidenten. Sich überlegen fühlend, pochte Chruschtschow auf ein baldiges Treffen der Großmächte.

 

Schon fünf Wochen später, am 3. Juni 1961, kam es in Wien zu einem Gipfeltreffen der beiden Regierungschefs. Kennedys größte Sorge galt der Berlin-Frage. Die Präsenz der Westalliierten in der geteilten Stadt war Chruschtschow ebenso ein Dorn im Auge wie Kuba der USA. Kennedy war sich von Anfang an bewusst, dass Berlin das Thermometer des Kalten Krieges darstellte, da sich nur dort die beiden Großmächte direkt gegenüber standen. Umso mehr lag Kennedy daran, den bisherigen Status Berlins aufrecht zu erhalten.

 

Kennedy hoffte darauf, mit dem sowjetischen Regierungschef konkret über aktuelle Probleme, wie Atomtests, Laos und Berlin sprechen zu können. Schnell musste er jedoch feststellen, dass sein anfänglicher Optimismus, der auf der Einschätzung der Lage durch seine Berater und seiner selbst beruhte, naiv gewesen war.

 

Die Schweinebucht-Niederlage hatte Kennedys Position nicht nur international geschwächt, sondern Chruschtschow zu einer überlegeneren Ausgangslage verholfen, die er ohne Rücksicht ausnutzte. Die Ereignisse in Kuba hatten in seinen Augen das Bild eines schwachen und unerfahrenen Präsidenten hinterlassen. Dieses Bild sollte sich während des Gipfels für Chruschtschow bestätigen.

 

Nach anfänglich erhitzten Diskussionen über die Ideologie der beiden Systeme, versuchte Kennedy versöhnlichere Töne anzuschlagen, indem er zugab die Situation in Kuba falsch eingeschätzt zu haben. Dieses Zugeständnis sah der sowjetische Regierungschef hingegen als einen Ausdruck von Schwäche und Unglaubwürdigkeit. Die weiteren Gespräche verliefen ähnlich erfolglos.

 

Nicht nur brachte das Gipfeltreffen keinerlei Entspannung, sondern führte zu einer Verhärtung der Fronten, welche eine direkte Konfrontation wahrscheinlicher machte. Kennedy ging im Hinblick auf den Status Berlins zwar keine Kompromisse ein, bekam von Chruschtschow jedoch ein erneutes Ultimatum gestellt: Sollte es binnen sechs Monaten keine Einigung in der Berlin-Frage geben, werde die Sowjetunion einen separaten Friedensvertrag mit der DDR schließen.

 

Sichtlich geschlagen kehrte John F. Kennedy am letzten Tag des Gipfels in die amerikanische Botschaft zurück. Auf die Frage des Journalisten James Reston der New York Times: »Pretty rough?« antwortete Kennedy: »Roughest thing in my life. […] I’ve got two problems. First to figure out why he did it, and in such a hostile way. And second, to figure out what we can do about it. I think the first part is pretty easy to explain. I think he did it because of the Bay of Pigs. I think he thought that anyone who was so young and inexperienced as to get into that mess could be taken. And anyone who got into it and didn’t see it through had no guts. So he just beat hell out of me.«

 

Sicherlich war die Schweinebucht-Niederlage nicht der alleinige Grund für den unzufrieden stellenden Ausgang des Gipfeltreffens. Chruschtschow musste vor allem im Hinblick auf Berlin agieren, da die Flucht in die Bundesrepublik über West-Berlin bedrohliche Ausmaße angenommen hatte. Kennedy wie auch seine Berater hatten jedoch mit solcher Feindseligkeit seitens der Sowjetunion nicht gerechnet. Erst im Zuge der Kubakrise 1962 fand Chruschtschow für den amerikanischen Präsidenten mildere Worte und musste ihn als ebenbürtigen Gegenspieler anerkennen.

 

Sabine Götz