»We observe today not a victory of party, but a celebration of freedom...«

Heute jährt sich die Amtseinführung John F. Kennedys zum 50. Mal. Kennedys Rede vor 50 Jahren hatte große Symbolkraft und ist mittlerweile Teil des US-amerikanischen und auch internationalen kollektiven Gedächtnisses. Nicht erst vom Kennedy-Biographen Robert Dallek wissen wir, dass eine mitreißende Amtseinführungsrede für Kennedy einer der wichtigsten Bausteine war, um seine Präsidentschaft prägend einzuläuten. Doch nicht nur seine Rede hatte große Symbolkraft, das gesamte Zeremoniell der Amtseinführung sollte den Übergang in eine neue Ära glanzvoll demonstrieren.


Die Wahl im November hatte der neue Präsident nur mit einem Zehntel Prozent Vorsprung gewonnen, dies machte eine eindrucksvolle Amtseinführung umso wichtiger. Die Feierlichkeiten am 20. Januar 1961 sollten die nationale Hoffnung einer unsicheren amerikanischen Öffentlichkeit wieder aufbauen und ihr einen Präsidenten mit inspirierendem Führungsstil präsentieren. In der Nacht zuvor fielen 20 cm Schnee in Washington, D.C., und somit kamen bei einer Amtseinführung zum erstem Mal Flammenwerfer der Armee zum Einsatz, mit deren Hilfe 3.000 Soldaten den Schnee von der Pennsylvania Avenue wegschmolzen. Das US-amerikanische Fernsehen übertrug die Amtseinführung erstmalig live und in Farbe.

                                                           

»…the torch has been passed…«

 

Es ging Kennedy vor allem darum, einen starken Kontrast zu ziehen zwischen Vorgänger Eisenhower und seinem eigenen Versprechen einer erneuerten Herrschaft. Hierfür ordnete er unter anderem an, dass der traditionelle Zylinder zur verbindlichen Kleiderordnung der Tagesfeierlichkeiten gehörte. Damit ersetzte Kennedy den Homburg, ein Filzhut mit eingefasster Krempe, der vor allem von Geschäftsleuten getragen wurde. Eisenhower hatte ihn bei seiner ersten Amtseinführung 1953 getragen und somit den eigentlich traditionellen Zylinder abgelöst. Kennedy hob somit seine eigene Kontinuität mit der Tradition stärker hervor. Er war der letzte Präsident, der bei einer Amtseinführung einen Zylinder trug. Bei der eigentlichen Vereidigung und seiner Rede trug Kennedy jedoch seinen Zylinder nicht, wie er auch sonst eher selten Hut getragen hat. Um die Hutfrage bildeten sich einige Legenden, die besagen, dass Kennedy an eben diesem 20. Januar 1961 es zur Mode machte, ohne Hut zu gehen und damit auch die Hut-Industrie zerstörte (»Kennedy killed the hat industry«). Tatsächlich wurden Hüte Ende der 50er vor allem von der jüngeren Generation immer seltener getragen und Kennedy führte somit einen bereits vorhandenen Trend fort. Jackie Kennedy hatte bei der Wahl ihrer Kopfbedeckung an diesem Tag den größeren Einfluss. Sie trug einen Pillbox-Hut, welcher einen erheblichen Einfluss auf die Mode der 60er hatte.

 

Ohne Hut glänzte Kennedys braunes Haar bei der Vereidigungszeremonie umso mehr und es war ihm wichtig, sein jungendliches, gutes Aussehen in Szene zu setzen – auch dies ein Kontrast zu dem alternden Eisenhower. Er verkörperte somit eine neue und junge Generation von US-Amerikanern. Seine demonstrative Unempfindlichkeit gegen die Kälte und die sonnengebräunte Haut vermittelten ein Bild von Gesundheit. Zusammen mit seiner starken Stimme steigerte dies die inspirierende Kraft seiner Worte.

 

Die Rede an sich reflektierte vor allem die Atmosphäre des Kalten Krieges. Kennedy entschied sich ganz bewusst dafür, die Außenpolitik zu thematisieren. Der Kalte Krieg erzeugte zu jener Zeit erhebliche Angstgefühle. Auch wenn der Abstand der Russen im Raketenwettrüsten keinesfalls so sehr zu fürchten war wie es Kennedy in seiner Kampagne propagiert hatte, war es vor allem psychologisch wichtig, die stärkste nukleare Macht zu bleiben. Auch lies sich mit außenpolitischen Themen besser nationale Einheit anpreisen als mit einem innenpolitischen Fokus, der eher dazu neigt, politische Teilung zu provozieren. In Vorbereitung auf die Rede beauftragte Kennedy seinen Redenschreiber Ted Sorensen alle Inaugural Addresses zu lesen und vor allem Lincolns Gettysburg-Rede zu studieren. Für Sorensen lag die Kraft von Lincolns Rede vor allem in der Kürze der Sätze und Wörter. In der letzten Phase der Vorbereitung der Rede tauschte Kennedy die erste Person Singular gegen das Gemeinsamkeit stiftende »we«. Abgesehen von dem eigentlichen Amtseid verwendete er das persönliche Fürwort „I“ nur dreimal gegen Ende der Rede in Bezug auf seine eigene neue Verpflichtung. Der bekannteste Teil der Rede ist wohl der, in dem er an die Opferbereitschaft der amerikanischen Bürger für den Staat appelliert und sie auffordert, das nationale Interesse vor das persönliche zu stellen: »And so my fellow Americans, ask not what your country can do for you – ask what you can do for your country.«Dieser Gedanke tauchte bereits in abgewandelter Form in früheren Kennedy Reden auf. Im darauffolgenden Satz formulierte er die stilistische Antimetabole auch für ein Weltpublikum: »My fellow citizens of the world: ask not what America will do for you, but what together we can do for the freedom of man.«

 

»…those human rights to which this nation has always been committed, and to which we are committed today at home and around the world.«

 

Zwar wurden innenpolitische Ziele in der Rede nicht explizit thematisiert, doch hier baute Kennedy auf die visuelle Symbolik. Er lies die Afro-Amerikanerin Marian Anderson die Nationalhymne singen. Die Opernsängerin war bereits seit Ende der 30er Jahre in der Bürgerrechtsbewegung aktiv. Kennedy signalisierte hiermit die Bereitschaft, in Bürgerrechtsfragen etwas zu bewegen und differierte so von Eisenhowers Unbeweglichkeit in dieser Thematik.

 

»Together let us explore the stars, conquer the deserts, eradicate disease, tap the oceans depths, and encourage the arts and commerce.«

 

Zum ersten Mal war auch ein Dichter bei einer Amtseinführung auf dem Rednerpult vertreten. Im Vorfeld war Kennedy besorgt darüber, dass die Worte Robert Frosts seiner eigenen Rede den Glanz nehmen könnten. Man einigte sich daher darauf, dass Frost ein Gedicht vortrug. Hierfür verfasste er eigens das Gedicht »Dedication«. Geblendet von Sonne und Schnee jedoch konnte Frost sein Gedicht nicht lesen und trug auswendig eines seiner älteren Gedichte, das patriotische »The Gift Outright«, vor. Das Gedicht »Dedication« überreichte er später dem Präsidentenpaar und Jackie lies es als eines der ersten Dinge rahmen und im Oval Office aufhängen. Die Teilnahme eines Dichters an den Feierlichkeiten gilt als ein Symbol für das Wiederbeachtens von Männern von Geist und Erfindungskraft. Gerade diese Förderung der Künste durch die Kennedys übte eine besondere Anziehungskraft auf Intellektuelle und Akademiker aus.

 

Der Amtseinführung folgte eine vier Stunden lange Parade, bei der unter anderem auch eine Replika der PT 109 mit Überlebenden der Crew mitfuhr. Auf diesem Schnellboot hatte Kennedy im Zweiten Weltkrieg gedient und rettete nach einem japanischen Angriff die Überlebenden seiner Crew auf eine Insel. Die Zahl der Bälle, auf denen die Veranstaltung ausklang, war so hoch wie nie zuvor. Der neue Präsident und seine Gattin erschienen auf allen fünf. 

 

CE